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Heimat oder Hölle?

Konfliktpotenzial Immobilie: Lösungsstrategien von Dr. Gerhart Flothow » Teil 1

Sie wollen sich von Ihrem Partner, Ihrer Partnerin trennen, besitzen allerdings eine Immobilie: Vorsicht, Konfliktpotenzial! Sie erben eine Immobilie, sind aber leider kein Alleinerbe: Vorsicht, Konfliktpotenzial!

Die eigene Immobilie, neben dem Auto das wohl größte Wunschobjekt der meisten Menschen in diesem Land, birgt neben Glück und dem Gefühl von Wohlstand auch jede Menge Zündstoff, wie ein Blick zu den deutschen Gerichten beweist: In keinem anderen Bereich des Privatrechts wird so erbittert vor Gericht gestritten wie bei Erbstreitigkeiten oder bei Scheidungs- und Trennungsfällen. Schließlich geht es in den meisten Fällen um sehr viel Geld, nicht zuletzt ausgelöst durch die enormen Wertzuwächse von Immobilien in den letzten Jahren. Um es einmal mit Zahlen zu verdeutlichen: Experten sprechen hier allein von etwa 420.000 vererbten Häusern und Eigentumswohnungen per anno bzw. einem Gegenwert von mehreren Milliarden Euro, die „gerecht“ unter den Erben verteilt werden wollen.

Das Problem: im Gegensatz zu Geld- oder Aktienwerten lässt sich eine Immobilie in der Regel nicht teilen. Sollte die Immobilie, häufig das eigene Elternhaus, also nicht verkauft und der Erlös gleichmäßig verteilt werden, müssen andere Lösungen gefunden werden – die allerdings wiederum Konfliktpotenzial in sich bergen. So könnte der Immobilienerbe die anderen Beteiligten doch beispielsweise einfach ausbezahlen. Diese scheinbar naheliegende Lösung ist jedoch in der Praxis aus verschiedenen Gründen kaum realisierbar. Zum einen ist die allgemeine Liquidität im Gegensatz zum Marktwert von Immobilien eher gesunken, Stichwort Reallohnverlust, was den Wertzuwachs der Immobilien durch Lohneinkommen nicht mehr erwirtschaften lässt und damit eine Auszahlung massiv erschwert. Zum anderen bekommen Erben, insbesondere wenn sie schon etwas älter sind, kaum noch Kredite, denn die Banken sind durch die Bankenaufsicht gezwungen, keine Kredite mehr zu vergeben, wenn diese nicht noch während des Erwerbslebens zurückgezahlt werden können – da hilft und zählt auch nicht der vorhandene Gegenwert der Immobilie.

Die eigene Immobilie, neben dem Auto das wohl größte Wunschobjekt der meisten Menschen in diesem Land, birgt neben Glück und dem Gefühl von Wohlstand auch jede Menge Zündstoff, wie ein Blick zu den deutschen Gerichten beweist.

Überhaupt: wie hoch sollen die Ansprüche und der finanzielle Ausgleich eigentlich sein? War der Wert der Immobilie nicht schon einmal um 15 Prozent höher bewertet? Wurde der jetzige Erbe der Immobilie nicht schon immer in der Familie bevorzugt? Sind die demnächst anfallende Investitionskosten in die Immobilie, das neue Dach oder die neue Heizung, nicht ganz allein das Problem des neuen Bewohners? Und sind unsere Forderungen nicht auch ein gerechter Ausgleich für eventuelle emotionale Verletzungen während der Trennungsphase?

Also: Lasst uns für unseren Immobilien-Erbanteil klagen! Oder?

Lesen Sie im nächsten Teil:
Mediation statt Konfrontation – von fremdbestimmten zu selbstbestimmten Lösungen.

Quelle: Die Lokale, April 2023
Bildquelle: Die Lokale

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